Religionen werden häufig unter dem Stichwort „Kontingenzbewältgung“ behandelt. Eine solche funktionale Betrachtungsweise verkürzt zwar das Selbstverständnis einer Religion. Doch ist es eine richtige Beobachtung, dass Islam und Christentum eine Antwort auf die Kontingenzen des menschlichen Lebens und der Welt im Gesamten geben möchten. Bereits die Betrachtung der Welt und des Menschen als Schöpfung Gottes bringt mit der fundamentalen Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf diese Kontingenz zum Ausdruck.
Zugleich hütet sich eine für das Leid sensible Theologie davor, dieses zu verharmlosen oder zu schnelle Antworten zu geben. Dies führt auch dazu, bestimmte Deutungsmuster des Leids wie Leid als Prüfung oder als Strafe kritisch einzuordnen. Die Frage nach dem Leid des Menschen lässt sich zudem theologisch nicht ohne den Blick auf die menschliche Freiheit beantworten.
Welche Kräfte setzen Islam und Christentum frei, um gegen leidvolle Strukturen anzukämpfen? Welche jeweils spezifische Perspektive der Hoffnung und Umgangsformen mit Leid und Tod bringen sie ein bzw. stellen sie bereit? Und ganz konkret: Welche individuellen und gesellschaftlichen Impulse können Christentum und Islam geben für eine Haltung, die die Sterblichkeit des Menschen realistisch annimmt und daran nicht verzweifelt?