Thomas M. Schmidt diskutiert die vielfältigen Bedeutungen und Verwendungsweisen des Begriffs „Säkularisierung“. Säkularisierung könne einerseits als funktionale Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften verstanden werden, andererseits aber auch als Transformation und Immanentisierung von Religion in der Moderne gedeutet werden.
Säkularisierungsprozesse führen nicht zum Verschwinden von Religion, sondern zu ihrer Pluralisierung und Veränderung ihrer Erscheinungsformen. Diskutiert werden die Ansätze von Berger, Luckmann und Casanova, die auf einen erweiterten Religionsbegriff abheben, der die fortbestehende gesellschaftliche Relevanz von Religion betont. Dabei wird deutlich, dass es heute zu einer „Renaissance der öffentlichen Religion“ komme, was dem Bild einer fortschreitenden Säkularisierung widerspräche.
Die Analyse der „multiplen Modernität“ stellt die klassischen Säkularisierungstheorien infrage. Diese gingen stillschweigend von einem homogenen Rahmen wie dem Nationalstaat aus, der nun zerfällt. Die Logik der Moderne als Dynamik der Differenzierung hat sich inzwischen so weit entfaltet, dass einige der strukturellen Voraussetzungen, die das kooperative Übersetzen überhaupt ermöglichen, in Frage gestellt werden.
Abschließend werden zwei Ansätze diskutiert, die Säkularisierung als narrative Figur bzw. literarische Strategie verstehen. Es wird das Konzept der „Säkularisierung als große Erzählung“ referiert sowie die Analyse der „Rhetorik der Säkularisierung“. Dabei wird aufgezeigt, dass der Säkularisierungsdiskurs notwendig zweisprachig operiert und so die Ambivalenz von Differenz und Identität von „religiös“ und „säkular“ erzeugt.