Das Gottesverständnis von Christen und Muslimen als Anknüpfungspunkt für den Dialog
Stuttgart. Die unterschiedlichen Gottesverständnisse in Christentum und Islam standen im Mittelpunkt der siebten Fachtagung des Theologischen Forums Christentum – Islam im Tagungszentrum der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Hohenheim „Der stets größere Gott…“. Resid Hafizovic (Fakultät für Islamische Studien/ Sarajevo) machte sich dabei in seinem Hauptvortrag für eine „Symbolsprache als eine neue Weise des Redens von Gott im Islam und im Christentum“ stark.
Diese Symbolsprache müsse jenseits der Rede von den Dingen, auch jenseits rationaler theologischer Aussagen ansetzen, erklärte Hafizovic. Initiationsgeschichten hätten in beiden Religionen die Bedeutung, Wege zu weisen, die zu innerer Erleuchtung führen. In der Diskussion der Thesen wurde darauf verwiesen, dass das jeweilige Gottesverständnis vor allem von den theologischen Hauptströmungen im Christentum und im Islam auszugehen habe, ohne die mystische Dimension zu vergessen. Die verschiedenen Zugänge zu dem Einen Gott dürften dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssen je auf ihre Schwächen und Stärken hin befragt werden.
Die Vielgestaltigkeit alttestamentlicher Gottesbilder hat Ulrike Bechmanns (Universität Graz) in den Vordergrund gerückt, während Helga Kuhlmann (Universität Paderborn) darauf verwies, dass männlich geprägte Gottesbilder geöffnet werden müssten auf eine geschlechtergerechte Rede von Gott. Kemal Ataman (Universität Bayreuth) arbeitete heraus, dass die „dunklen Seiten“ Gottes mit dessen Sorge um den Menschen verbunden sein können: Leid und persönliche Reifung würden in vielen Situationen ineinander gehen – auch in gesellschaftlicher Perspektive.
Nach dem evangelischen Theologen Reinhold Bernhardt (Universität Basel) wird die „machtvolle Gegenwart Gottes in der Kraft seines Geistes vernehmbar“. Damit sei kein kausales Eingreifen in den Ablauf der Dinge gemeint, sondern Gottes Heilshandeln könne auf vermittelte Weise alles Böse zum Guten hin wenden. In islamischer Sicht schloss der afghanischstämmige Freiburger Religionsphilosoph Ahmad Karimi daran an. Nach seiner Auffassung bedürften Muslime der Rezitation der koranischen Verse, um der „Erinnerung als Einheit stiftende Mitte“ gewahr zu werden, die sich insbesondere durch bedeutungstragende Wiederholungen innerhalb der Botschaft der islamischen Offenbarungsschrift artikuliert.
Besonders intensiv wurde die Diskussion um die Frage nach der „radikalen Einheit Gottes“ im Islam im Gegenüber zur christlich-trinitarischen Gottesvorstellung geführt. Der katholische Theologe Felix Körner sprach in diesem Zusammenhang vom „Geheimnischarakter der biblischen Offenbarung“. „Nicht Kenntnis, sondern Erkenntnis des göttlichen Geheimnisses ist daher die eröffnete Zugangsform.“ Christen, so hieß es in der Abschlussdiskussion, müssten darauf achten, das Sprechen von der Dreieinigkeit Gottes in Vater, Sohn und Geist vor sich selbst und vor anderen plausibel zu bezeugen. Für Muslime sei von zentraler Bedeutung, „den Text des Korans in die Wirklichkeit des Menschen sprechen zu lassen“ (Abd el-Halim Ragab). Ein wesentliches Ziel des Dialogs zwischen Christen und Muslimen bleibe, im Zeugnis des eigenen Glaubens diesen selbst je tiefer zu erfassen.
Im Rahmen der Fachtagung wurden an drei Nachwuchswissenschaftler die diesjährigen Preise des Essay-Wettbewerbs der Georges-Anawati-Stiftung verliehen. Mit dem ersten Preis wurde Ulrike Qubaja (Hamburg) für ihren Essay „Versicherheitlichung von Muslimen in Deutschland“ ausgezeichnet, den geteilten zweiten Preis erhielten Chalid M. El-Heliebi (Graz) für seinen Beitrag „Kulturelle Pluralität und Differenzierung – Was sind ‚Die Muslime’ und warum müssen sie integriert werden?“ und Kornelius Heering (Mainz) für seinen Essay „Der Begriff der ‚Absicht’ in der islamischen und christlichen Sichtweise“