„Rechtspopulismus und Religion“ – zu diesem Thema diskutierten vom 4. bis 6. März 2022 mehr als 100 Teilnehmende im Rahmen der Online-Konferenz des 18. Theologischen Forums Christentum – Islam.
Viktor Klemperer (1880-1960) war Literaturwissenschaftler und veröffentlichte im Jahr 1947 sein Tagebuch: „LTI. Notizen eines Philologen.“ Klemperers Ausführungen zur „Lingua tertii imperii“ (zur Sprache des „Dritten Reiches“) seien, so Prof. Heinrich Detering (Göttingen) in seinem Eröffnungsvortrag, für das Verständnis der Rhetoriken und Sprachwelten heutiger Rechtspopulisten, immer noch von hohem Erkenntniswert. Man könne daraus die Hinwendung zu Satzbau, Wortwahl und Performanz der Aussagen lernen. So erkenne man beispielsweise in der Rede der AfD über bestimmte Personengruppen eine Verschiebung der Begriffe hin zum Biologischen oder in den Bereich der Naturkatastrophen. Es seien diese Vergleiche, die Menschen dehumanisieren und nur noch als eine bedrohliche Masse erscheinen lassen. Eine überzeugende Bestimmung des „Wir“ bleibe der Rechtspopulismus schuldig. Schnell werde zudem klar, dass es sich für viele Vertreter der AfD beim „deutschen Volk“ nur um die eigenen Gesinnungsgenossen handele. Den Abschluss des Vortrags Deterings bildeten Belege für die These, dass die Befassung mit dem Islam wesentlich zur deutschen Literatur zählt. Goethes „West-östlicher Divan“ sei dabei keine Ausnahme, sondern stehe in einer Reihe von Autoren wie Lessing, Wieland, Kaempfer, Niebuhr oder Rückert – bis in die Gegenwartsliteratur. Es blieb zum Abschluss die Frage: „Was macht alle gesellschaftlichen Gruppen und die Verbindung von uns aus?“ Detering verwies dazu mit Jacob Grimm auf die deutsche Sprache, die „unendlich mehr“ enthalte, als man auf den ersten Blick ersehe. Denn es eröffne sich damit der gesamte Bereich dessen, was in dieser Sprache geschrieben und gedacht worden sei. Damit entstehe eine Verbindung über Räume und Zeiten hinweg und werde eine Vielfalt der Identitäten einbegriffen. Die Diskussion erweiterte diese Perspektive angesichts mehrsprachiger Nationalitäten und z.B. der Bestimmung nach schweizerischem und deutschem Verfassungsrecht (Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz). Ebenso diskutiert wurde die staatsbürgerliche Zugehörigkeit und die damit verbundene Zustimmung zu demokratischen Grundregeln.
Ostdeutschland: spezifisch, aber nicht singulär
Der Sozialwissenschaftler Prof. Raj Kollmorgen (Zittau/Görlitz) betrachtete in seinem Vortrag den Rechtspopulismus im ostdeutschen Kontext. Dieser stehe zwar pars pro toto für Europa, weise aber zugleich auch Spezifika auf. Seit die AfD die politische Bühne betreten habe, sei diese in Ostdeutschland in etwa doppelt so stark wie im Westen. Zur Erklärung böte sich zunächst der Verweis auf die sozioökonomischen Unterschiede an. Hinsichtlich des Einkommens liege Ostdeutschland bei ca. 85 %, bezüglich des Vermögens bei ca. 40 % gegenüber dem Westen. Diese Ungleichheit führe zu Unzufriedenheit und dem Wunsch, das System zu ändern oder zumindest ein Zeichen dagegen zu setzen. Allerdings bleibe hierbei ein analytischer Rest der Erklärbarkeit bestehen, der sich beispielsweise darin zeige, dass auch im liberal-intellektuellen Milieu die Zustimmung zur AfD bei den Wählern im Osten um ca. ein Drittel höher liege als im Westen. Ein weiterer Erklärungsansatz beziehe sich damit auf die ostdeutsche Geschichte, welche eine Verachtung demokratischer Strukturen und Institutionen mit sich gebracht habe. Die Gründe hierfür seien vielfältig. Kollmorgen nannte unter anderen eine Überpolitisierung der Gesellschaft, die auch das Private umfasste bei einem gleichzeitigen Defizit an Politisierung, da entsprechende Strukturen der wirklichen Repräsentation fehlten. Aber auch Erfahrungen nach der Wiedervereinigung wie das Zerschellen der Erwartungen von Wohlstand oder die Finanzmarktkrise hätten zu einer Entfremdung gegenüber den Eliten und dem politischen System geführt. Die dadurch entstehenden Mentalitäten und Bedürfnisse habe sich die AfD zunutze gemacht.
In der nachfolgenden Debatte zu den beiden Eröffnungsvorträgen wurde betont, dass neben der Sprache und Rhetorik des Rechtspopulismus auch die Versuche einer neuen visuellen Ordnung ebenso beachtet werden müssten wie die besondere Bedeutung von Medien, Emotionen und Performanz. Detering betonte weiterhin, dass grundsätzlich alles zum Identitätsmarker einer Gruppe werden könne. Gerade die Bibel eigne sich aber nur bedingt zur Konstruktion einer ausschließenden Identität. Denn in ihr gehe ein unbedingter Geltungsanspruch mit der sprachlichen Selbstrelativierung Hand in Hand: „Viele sprachliche Zeugen umstehen eine Mitte, die sie nicht allein treffen wollen. Es geht um jeweils eine Andeutung bzw. einen Hinweis.“ Eckhart Zemmrich (Berlin) schließlich verknüpfte die beiden Eröffnungsvorträge miteinander, wenn er fragte, wie es möglich sei, die „Nachfrage“ nach rechtspopulistischen Angeboten zu erklären und gleichzeitig das rechtspopulistische „Angebot“ auf diese Nachfrage zu delegitimieren. Es gehe darum, zu verstehen, ohne dass dies in ein Verständnis mit rechtfertigendem Charakter umschlagen dürfe.
Islam als Objekt und Subjekt des Rechtspopulismus
Um die Zusammenhänge von Religion und Rechtspopulismus im engeren Sinn ging es in den Diskussionen am Samstag. Bezogen auf den Islam, ist besonders herausfordernd, dass dieser in der Gegenwart als bevorzugtes Objekt, aber auch als ein Subjekt des Rechtspopulismus auftritt. Prof. Dr. Nayla Tabbara (Beirut) verortete die Hinwendung zu rechtspopulistischen Ideologien in einem problematischen Umgang mit zwei polaren menschlichen Grundbedürfnissen: einerseits dem Wunsch nach Einzigartigkeit, andererseits dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Schwierig werde es, wenn beide Bedürfnisse nicht mehr differenziert würden und exklusiv in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten (Teil-)Gruppe die eigene Einzigartigkeit gesucht werde. Diese Gruppe werde dann als einzigartig angesehen und gegenüber allen anderen Gruppen herausgehoben. Dieser Schritt könne in der religiösen Rede vom „erwählten Volk“ oder ähnlichen Theologumena Anknüpfungspunkte finden. Unter solchen Vorzeichen sei es besonders herausfordernd, mit kognitiver Dissonanz umzugehen und bestehende Ambivalenzen auszuhalten. Stattdessen komme es häufig zu dem Verbleib in eigenen Echokammern und zu der Selbstviktimisierung einer Gruppe. In der Theologie gebe es allerdings auch Strömungen, wie die Befreiungstheologie sowie feministische und pluralistische Ansätze, die solche Entwicklungen innerhalb wie außerhalb der Theologie kritisch reflektieren. Auf staatlicher Ebene sprach Tabbara sich für die Idee einer „inclusive citizenship“ aus, die nicht als rein säkular zu verstehen sei, sondern die verschiedenen Gruppen und Ideen einer Gesellschaft zu integrieren versuche. Aus den verschiedenen Traditionen und Religionen heraus müsse gemeinsam für das Gute gearbeitet werden.
Populismus im Christentum wahrnehmen
Als christlicher Theologe sprach aus exegetischer Perspektive Prof. Rainer Kampling (Berlin) über populistische Narrative. Exegetische Wissenschaft wie die Theologie im Gesamten müsse sich, so Kampling, unbedingt mit populistischen Narrativen auseinandersetzen. Dies habe insbesondere auch kritisch im Umgang mit der eigenen Tradition zu erfolgen: „Populismus ist nicht etwas außerhalb der Kirche, sondern betrifft sie unmittelbar.“ Zugleich warnte er vor einer zu schnellen Parallelisierung bestimmter textlicher Befunde der Heiligen Schrift mit aktuellen Entwicklungen. Wenn aber der Begriff des „Christentums“ in rechtspopulistischen Bewegungen ohne eine inhaltliche Füllung benutzt werde oder wenn Zentralbegriffe wie „Barmherzigkeit“ keine Beachtung fänden, sei es Aufgabe der Theologie, auf diese Verkürzungen bzw. Entstellungen hinzuweisen.
Zwischen Einheit und der Akzeptanz von Vielfalt
Prof. Dr. Bekim Agai (Frankfurt am Main) stellte die Idee einer allumspannenden muslimischen Einheit in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Einerseits oft als Verbindungspunkt beschworen, zeige sich andererseits, dass die Religion als ein Nenner unter vielen nicht unbedingt den entscheidenden darstelle und die politischen Fronten oft eine andere Ausrichtung zeigten. Der islamische Glaube werde teilweise zur Herrschaftslegitimation, teilweise zur Herrschaftsopposition herangezogen. Diese divergierenden Befunde konzentrierte Agai auf folgende Frage: „Welche konzeptionellen Entwicklungen ermöglichen es, den Islam und die Idee muslimischer Einheit populistisch zu nutzen?“ Und auf der anderen Seite: „Worin liegt das kritische Potenzial gegen Populismen in der islamischen Tradition?“ Zusammenfassend erläuterte Agai, erfolge die religiöse Aufladung von Populismen dort, wo die Nation religiös aufgeladen werde. Eine besondere Affinität des Islam als stützende Idee eines Nationalismus ergebe sich aus einer politischen Deutung der islamischen Gemeinschaft als Einheit. Anschaulich werde dieser Zusammenhang in der Türkei: In deren vorherrschender Religionspolitik werde die Religion in den nationalen Populismus aufgenommen, zugleich nutze die Religion den Populismus zur Bedeutungserweiterung.
PD Dr. Sonja Angelika Strube (Osnabrück) ging aus von christlichen bzw. religiösen Bezugnahmen auf (extrem) neurechten deutschsprachigen Webseiten. Dabei lasse sich beobachten, dass Teile der intellektuellen Neuen Rechten sich positiv bestätigend auf konservativ-traditionalistische christlich-religiöse Positionen bezögen. Andererseits fänden sich in rechtschristlichen Medien positive Referenzen auf Inhalte, Positionen und Narrative der Neuen Rechten. Hiervon führe der Weg teilweise weiter in die Gruppe der extremen Rechten. Diese vielfältigen Verflechtungen analysierte Strube auch in inhaltlicher Sicht und wies dabei Parallelen zu den Merkmalen einer autoritären Persönlichkeitsstruktur nach, wie sie Adorno beschrieben hat: beispielsweise Konventionalismus, autoritäre Unterwürfigkeit oder autoritäre Aggression. Schließlich erläuterte Strube die Anschlussfähigkeit extrem rechter Ideologiefragmente an den katholischen Antimodernismus des 19. Jahrhunderts.
Vertiefung in den thematischen Foren
In vier thematischen Foren wurden Themenstränge und Kontexte vertiefend diskutiert.
Das erste Forum untersuchte den Umgang religiöser Organisationen mit Populismus im deutschen und südosteuropäischen Kontext. Die Impulsvorträge von Dževada Šuško (Sarajevo) und Dr. Dr. h.c. Markus Dröge (Bischof a.D., Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz) machten deutlich, dass es neben Spezifika der Kontexte auch gemeinsame Herausforderungen gibt. Neben der Analyse von Mechanismen und Gründen rechtspopulistischer Ideen und Bewegungen wurde auch nach bewährten Umgangsweisen der Religionsgemeinschaften gesucht.
Religiöse Elemente völkisch-identitärer Bewegungen bildeten den Gegenstand eines weiteren Forums. Dort ging es insbesondere um die Frage, welche Schnittmengen zwischen der Identität als Volk und einer religiösen Überhöhung postuliert werden. Dr. Gulnaz Sibgatullina (Amsterdam) untersuchte dabei die Beziehung zwischen Illiberalismus und Islam am Beispiel der Murabitun-Bewegung, die in ihrem deutschen Ableger präsent ist durch den Herausgeber der „Islamischen Zeitung“. Dr. Regina Elsner (Berlin) untersuchte diesen Zusammenhang mit Blick auf die russische Orthodoxie. Die von ihr analysierten Ideologeme haben durch ihre Verwendung zur Rechtfertigung des Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine besondere Aktualität. Dazu zählt eine spezifische Idealvorstellung für das Verhältnis von Kirche und Staat, die so genannte „Symphonia“, ein harmonisches Zusammenwirken zwischen diesen beiden Größen mit der Haltung wechselseitiger Loyalität.
Nach einem Friedensgebet am Sonntagmorgen wurden die Diskussionen in den Thematischen Foren fortgesetzt. Prof. Dr. Claudia Nothelle (Magdeburg-Stendal) und Dr. des. Sabrina Schmidt M.A. (Erfurt) eröffneten das dritte Forum mit ihren Impulsen zu Religionsbildern in den Medien und der Herausforderung populistischer Vereinnahmungen. Die Verantwortung der Medien im Umgang mit populistischen Gedanken stelle eine große Herausforderung dar. Die notwendige Komplexitätsreduktion medialer Darstellung stehe dabei stets in der Gefahr, selbst verkürzend und schematisierend vorzugehen.
Schließlich beschäftigte sich das vierte Forum mit der Rolle religiöser Identität im Verhältnis zu autoritären und extremistischen Einstellungen. Dr. Ertuğrul Şahin (Heidelberg) betonte die Vielschichtigkeit der Identität eines Menschen, bei der religiöse Identität nur ein Moment neben anderen sei. Dr. Alexandel Yendell (Leipzig) stellte aus seiner religionssoziologischen Forschung das Ergebnis vor, dass intrinsisch motivierte Religiosität eher mit Toleranz gegenüber anderen Religionsgemeinschaften einhergehe und religiöse Praxis sogar einen immunisierenden Charakter haben könne. Dr. Florian Volm vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz schließlich brachte in die Diskussion eine sicherheitsbehördliche Perspektive ein, die verortet ist in den verfassungsrechtlichen Koordinaten der Religionsfreiheit, der religiösen Neutralität des Staates und der wehrhaften Demokratie: Jede Biografie einer Extremisierung verlaufe zwar individuell, doch gebe es vergleichbare push-faktoren, die einen Menschen der Gesellschaft entfremden, und pull-Faktoren, durch welche die Anbindung an Extremisten geschehe.
Ist jede Religion ein Stück weit (rechts-)populistisch?
„Jede Religion ist – überspitzt gesagt – ein Stück weit rechtspopulistisch.“ Mit dieser provokanten These startete Murat Kayman von der Alhambra-Gesellschaft in die Abschlussdiskussion. Er begründete dies damit, dass in jeder Religionsgemeinschaft Überzeugungen formuliert würden, die eine Überlegenheit gegenüber anderen Glaubensüberzeugungen zum Ausdruck brächten. Dies könne grundsätzlich auch legitim sein und „Populismus“ bedeute dann nicht von vornherein den Missbrauch einer Religion, sondern den Gebrauch eines Potenzials, das in Religionen liege. Problematisch sei, wenn in der Folge andere Gruppen abgewertet würden und nicht in grundlegende gemeinsame Vorstellungen – wie die Gestaltung eines friedvollen Zusammenlebens – hineingenommen würden.
Markus Dröge betonte demgegenüber, dass man als gläubiger Mensch nicht zwingend behaupten müsse, im Besitz der ganzen Wahrheit zu sein. Es gehe darum, eine als subjektiv für richtig erkannte Wahrheit zu bekennen, sein eigenes Zeugnis aber gleichzeitig von anderen bereichern zu lassen. Weltweit bestehe gegenüber Religionen jedoch tatsächlich der Verdacht, dass sie nicht friedensstiftend seien. Um das friedensstiftende Potenzial der Religionen stattdessen zu erweisen, gehöre es auch, solche Fragen international und interreligiös zu diskutieren. Weiterhin plädierte Dröge für einen entschlossenen Dialog mit dem Rechtspopulismus und forderte die Kirchen dazu auf, bekennende Kirchen zu sein bzw. zu werden und nicht einfach jegliche „Meinungen“ nur zu moderieren. Frank van der Velden (Limburg/Mainz) schließlich warb dafür, dass Unterschieden zwischen den Religionen eine Stimme gegeben werden müsse. Denn nur so bleibe ein Dialog auf Augenhöhe möglich. Doch fordere dies, Spannungen auszuhalten und offen auszusprechen, was die Religionen trenne. Zentral werde auf diese Weise die Art des Diskurses, über die man sich einigen müsse.
Das Thema „Rechtspopulismus und Religion“ erwies sich als ein Zusammenhang, in dem die christlichen und islamischen Theologien im Gespräch mit anderen Wissenschaften eine Fülle brisanter und aktuell drängender Fragen diskutieren konnten. Als zentral zeigte sich immer wieder der parallele, christliche wie islamische Konstellationen kritisch betrachtende, Blick auf einerseits Allianzen zwischen Rechtspopulismus und Religion, andererseits Gegenbewegungen und deren Begründung sowie Wirksamkeit. Wiederholt wurde dabei zurückgefragt, was jeweils (Rechts-)Populismus ausmacht. Dabei wurden einerseits alternative und trennschärfere Begriffe vorgeschlagen, beispielweise mit Wilhelm Heitmeyer von „autoritärem Nationalradikalismus“ zu sprechen, andererseits wurde versucht, den Phänomenbereich offener zu halten und wurden unterschiedliche Definitionsversuche geprüft. Mehrfach wurde dabei beispielsweise auf denjenigen Jan-Werner Müllers Bezug genommen. Betont wurde, dass nicht bereits jede Vereinfachung, Schematisierung oder mitreißende Rede als populistisch zu begreifen seien, sondern erst die klare Abgrenzung zwischen einem homogenen „wir“ und den „anderen“, die oftmals als „die Eliten“ beschrieben würden. Weitere Kennzeichnen seien das geringe Interesse an politischen bzw. demokratischen Prozessen selbst als vielmehr an bestimmten erwünschten Ergebnissen. Ein weiterer Diskussionskomplex war die Frage, inwiefern die Rede von „Kultur“, „Identität“ und einem „Volk“ positiv konnotiert ihre Berechtigung haben kann und wann es sich um gefährliche Verwendungsweisen dieser Begriffe handelt. Damit eng zusammen hängt die Frage nach der Bedeutung dieser Begriffe in unterschiedlichen Kontexten. Wo bestehen Konvergenzen, aber auch Divergenzen in der Verwendung des Begriffs „Volk“ in religiösen Zusammenhängen („Volk Gottes“), in einem gesellschaftlichen Diskurs der Zugehörigkeit oder in einem staatsrechtlichen Kontext (Art. 20 Abs 2 Grundgesetz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“)?
Gerade die unterschiedlichen Perspektiven auf gegenwärtige christliche und islamische Konstellationen, sowohl in deutschen wie internationalen Verortungen, gaben ein beredtes Zeugnis von der Wichtigkeit des Themas und dessen Bearbeitung im interdisziplinären und interreligiösen Gespräch.
Das Forumskolloquium im November 2023 bot Gelegenheit zur Bündelung und Vertiefung offener Fragen sowie zum Einbezug weiterer Perspektiven aus verschiedenen Praxisfeldern im Engagement gegen religionsbezogenen Rechtspopulismus.
Beiträge aus dem Herbstkolloquium
und der Online-Jahrestagung vom Frühjahr 2022
sind inzwischen publiziert im
Forumsband „Rechtspopulismus und Religion“.