„Pakistan und Afghanistan sind nicht einfach nur Nachbarn. Ebenso wenig sind Dänemark und Frankreich nur zwei europäische Länder. In der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts bildeten vor allem diese vier Länder das Epizentrum von politischen Krisen und von Gewalt mit Bezug auf Blasphemie: Die Bandbreite erstreckte sich von strafrechtlichen Verfolgungen, politischen Unruhen, Mordanschlägen und wirtschaftlichen Boykotten bis hin zu politischen Krisen von globalem Ausmaß.“
Ebrahim Moosa stellt verschiedene Vorfälle religionskritischer oder blasphemischer Äußerungen bzw. Handlungen gegenüber dem Islam in den letzten Jahrzehnten dar. Er ordnet diese und darauf bezogene Reaktionen in die jeweiligen Machtverhältnisse und ideologischen Voraussetzungen ein. Dabei möchte er verdeutlichen, dass im Hintergrund des Umgangs mit Fragen der Blasphemie unterschiedliche Verständnisweisen islamischer politischer Theologie stehen. Entscheidend sei für dessen Ausgestaltung im Besonderen die hohe Bedeutung der Verehrung des Propheten. Das Überdenken der Blaspehmiefrage gehe deswegen damit einher, „die etablierte muslimische politische Theologie zu rekonfigurieren, auf die sich Sunniten und Schiiten bis heute fortdauernd beziehen.“ Vor dem Hintergrund solcher allgemeiner gehaltener Überlegungen zur politischen Theologie sowie zu methodologischen Fragen erörtert Moosa die verschiedenen Sichtweisen auf Anathema, Blasphemie, Apostasie und die Beleidigung des Propheten in den verschiedenen islamischen Traditonssträngen. Der Beitrg endet mit der Einordnung und der Frage nach der Übertragbarkeit dieser Auffassungen in den gegenwärtigen Kontext.