Antisemitismus bedient sich bei hergebrachten und neuen Verschwörungsmythen und nimmt vielfältige Formen an, von plumper Hetze bis zum populären Rap. Was kann man diesem aktuellen Antisemitismus entgegensetzen?
Im Rahmen der Tagung „Alte Feindbilder in neuem Gewand. Antisemitische Verschwörungsmythen und was man ihnen entgegensetzen kann“ beschrieb der Tübinger Theologe Professor Dr. Dr. h.c. Karl Josef Kuschel die noachidischen Gebote als Grundlage für die Menschenrechte. Der Gottesbund mit Noah erstrecke sich auf die gesamte Schöpfung. Die Völker der Erde stammten von Noahs Söhnen ab; alle Völker seien damit verwandt und insofern gleich – eine Völkerfamilie, die trotz Unterschieden in Sprache und Kultur allesamt Bewohner*innen einer Erde seien. Sie seien eins wie die Welt und die Schöpfung und fern jeden rassistischen Überlegenheitsgefühls. Kuschel sieht in den sieben Geboten des jüdischen Volkes denn auch „einen spezifischen Beitrag zum Menschheitsethos“, der auch das Völkerrecht aus religiöser Perspektive stützen könne. Kuschel sieht darin auch die Wegweisung für eine Friedenspädagogik. Während die noachidischen Gebote einerseits den Anderen nicht vereinnahmten, sprächen sie gleichzeitig auch nicht jüdischen Menschen Heil zu. Kuschels Fazit: „Wir müssen die Strukturelemente in den Narrativen nach dem Noah-Prinzip neu erkennen: Sintfluten und Katastrophen sind die Konstanten und der Regenbogen das Symbol für die Rettung“. Literatur sei dazu ein hervorragendes Medium, etwa mit der Ringparabel aus Lessings „Nathan der Weise“: „alle Religionen können Wahrheit bezeugen in ihrer je eigenen Art.“