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‘Ich weiß, dass ich nichts weiß‘. Epistemische Demut als Diskurstugend im christlich-islamischen Dialog“

Dem Titel des Essays entsprechend geht Gniffke in ihrem Essay von dem platonischen Sokrates aus und beobachtet bei ihm eine epistemische Überlegenheit, wenn er seine Gesprächspartner in die Enge treibt und dann sich selbst als Lösung präsentiert. Der zweite Gedankenstrang des Textes setzt ein mit der Unerkennbarkeit Gottes, die sowohl im Christentum als auch im Islam eine hohe Bedeutung habe. Zugleich könne man jedoch als gläubiger Mensch ebenso wie als Theologe nicht einfach beim Nichtreden stehenbleiben. Das Wissen um die Defizienz jeder Rede von Gott könne, so Gniffke, vor einer Überlegenheit bewahren und zeige, wie eng Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis zusammenhängen.

Das Unvermögen selbst zum Thema zu machen und zu reflektieren könne dabei zentral werden im interreligiösen Dialog. Denn „die einzige Möglichkeit, mein Nicht-Wissen, das Scheitern einer Antwort auf das Angefragt-Sein, produktiv zu wenden, besteht darin, eine Diskursebene zurückzutreten und mein Nicht-Wissen, ebendieses Scheitern, zum Gegenstand des Dialogs zu machen und hier wieder eine gemeinsame Ebene zu finden vor dem Hintergrund der geteilten Erfahrung, dass auf der Grundlage der prinzipiellen Unmöglichkeit menschlicher Gotteserkenntnis in Christentum und Islam ein solches Scheitern auftritt.“

Von diesen Überlegungen gelangt Gniffke zu einer existenziellen Relecture des sokratischen Dialogs. Der sokratische Dialog sei dann zu verstehen als Aufklärung der Täuschung über sich selbst. Alkibiades fehle es nämlich nicht an gegenständlichem Wissen, sondern an Selbsterkenntnis. So bringt Gniffke auf den Punkt: „Interreligiöser Dialog, so er gelingt, fungiert wechselseitig wie der platonische Sokrates für Alkibiades im gleichnamigen Dialog […]: als ein Korrektiv, das uns erfahren lässt, dass und wo wir mit unserer Erkenntnis an Grenzen stoßen.“

Der Essay ist aus der Studienwoche 2020 hervorgegangen und wurde mit dem ersten Preis des Essay-Wettbewerbs ausgezeichnet.

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