„Zu den Ähnlichkeiten zwischen christlicher und islamischer Theologiegeschichte gehört das Problem, inwiefern das endgültige Heil oder Unheil eines Menschen von seinem eigenen Verhalten abhängt. Kann der Mensch seinen Weg selbst wählen, oder ist sein ewiges Los – Heil oder Verderben – von Gott vorherbestimmt worden? Im klassischen islamischen Denken stand die letztere Alternative – die doppelte Prädestination – im Vordergrund, obwohl die Qaḍariten und die Mu’taziliten für die Willensfreiheit eintraten, was moderne Muslime oft ebenfalls tun. Die Mehrheit der christlichen Theologen hat sich für die Freiheit (in gewissen Grenzen) eingesetzt, aber zur andersdenkenden Minorität zählen Männer von Rang: Augustinus, Zwingli, Calvin und Luther.“
Heikki Räisänen setzt sich in seinem Beitrag zur Prädestination im Koran und im Neuen Testament vor allem mit der Vorherbestimmung zur Verdammnis auseinander. Der Schlüssel zur Lösung dieser Problematik liegt seines Erachtens in einer Kontextexegese der Heiligen Schriften. Bei einer solchen werde deutlich, dass das vielfältige Bild der koranischen diesbezüglichen Aussagen stark durch die sozialen Erfahrungen Muhammads geprägt ist. Besonders die prädestinianischen Aussagen könne man nur mit diesem Hintergrund verstehen. Im Neuen Testament analysiert der Autor bei Paulus vor allem Röm 9, daneben die einschlägigen Stellen bei Markus und Johannes. Parallelen zeige diese Untersuchung insofern, als auch hier die soziale Erfahrung und Theozentrik prägend für die Aussagen sind. Daneben gebe es auch unterschiedliche Prägungen, doch stelle es sich als abwegig dar, hier einen Gegensatz zwischen Koran und Bibel zu konstruieren.