Arnulf von Scheliha stellt „Prophetie“ als zentrale gemeinsame Kategorie von Christentum und Islam heraus. In ihrem jeweiligen Verständnis würden allerdings auch markante Unterschiede deutlich. Diesen aus christlicher Perspektive nachzugehen ist Gegenstand des Aufsatzes.
Den thematischen Ausgangspunkt bildet dabei die Prophetie im frühen Christentum und im Neuen Testament. Daran schließt sich das Verständnis des prophetischen Amt Jesu Christi in der klassischen Lehrtradition des Protestantismus an. Das „Weiterwirken der prophetischen Botschaft in der Kirche“ schließlich schlage sich nieder in gottesdienstlicher Prophetie, prophetischen Bewegungen und dem prophetischen Wächteramt der Kirche in der Gesellschaft.
Der Autor lehnt es ab, Muhammad in inhaltlicher Sicht als Propheten anzuerkennen. Das Verständnis Muhammads „als Vollender und Überbieter aller Prophetie“ könne nicht mit der christlichen Überzeugung von Jesus Christus als „Gipfel und Ende der Prophetie“ in Einklang gebracht werden. Als Alternative plädiert von Scheliha dafür, darüber nachzudenken, ob über das „Ziel prophetischen Redens Übereinstimmung erzielt werden kann“, ohne die inhaltlichen Differenzen in den Mittelpunkt zu stellen. Ein solches gemeinsames Anliegen erkennt er in der „Sorge um die menschliche Seele“ und betont dabei die „selbst- wie weltkritische Kraft der Prophetie“.