„Sowohl im Gegenüber von christlicher und islamischer Theodizee als auch im Gegenüber jeweiliger Konzeptionen innerhalb der einzelnen religiösen Traditionen ist daher ein sehr vorsichtiger Schluss zu ziehen: Die Theodizeefrage ist eine Frage, die eine Entscheidung für den Glauben an Gott fordert.“
Ausgangspunkt des Aufsatzes von Anja Middelbeck-Varwick ist die neuzeitliche Theodizeeproblematik, wonach ein Widerspruch gesehen wird zwischen der Erfahrung des Bösen und des Leids, der Güte, Allmacht und Gerechtigkeit Gottes sowie der menschlichen Freiheit.
Innerhalb der christlichen Theologie sei diese Frage im Rahmen der Fundamentaltheologie einerseits als Apologie, andererseits als Selbstvergewisserung zu verstehen. Im Blick auf die Vielgestaltigkeit der Antwortversuche plädiert die Autorin dafür, die Theodizeefrage „argumentativ offen zu halten, also hinreichend Gründe dafür ins Feld zu führen, dass die Vereinbarkeit von Gottesglauben und geschichtlicher Leiderfahrung nicht zwingend sind.“ Die islamische Perspektive wird eröffnet mit dem Blick auf den Stellenwert der Rede vom Leid im Koran. Innerhalb der theologischen Debatten wird die Auseinandersetzung zwischen Mutaziliten und Asariten dargestellt.
Schließlich nimmt Middelbeck-Varwick eine Zusammenführung der christlichen und muslimischen Perspektiven vor, betont aber zugleich, dass eine systematische Verhältnisbestimmung noch ausstehe.