„Bei kaum einem anderen Thema des interreligiösen Dialogs wird so greifbar, dass es nicht nur um theoretische, systematisierbare und objektivierbare Reflexionen, sondern um höchst persönliche und existentielle Antwort- und Bewältigungsversuche geht, deren Bedeutung und Geltung jedoch keineswegs nur individuellen und subjektiven Wert haben. So lohnt der Versuch, die vielfältigen Aspekte und zum Teil vielleicht sogar gegensätzlichen Ausgangspunkte und Lösungsversuche zusammenzutragen, ohne sie vorschnell in ein in sich schlüssiges System pressen zu wollen, das wohl gar nicht möglich ist.“
Die verschiedenen Beiträge der Tagung Prüfung oder Preis der Freiheit? haben eine große Breite an Deutungsmustern des menschlichen Leids zum Ausdruck gebracht. Der Schlußbeitrag stellt die verschiedenen Interpretationen dar und diskutiert sie auch mit Blick auf die Unterschiede zwischen der christlichen und islamischen Tradition.
Es geht dabei um das Verständnis von Leid als Sündenstrafe, Prüfung, unbegreifliches Geheimnis, Ausdruck der Liebe Gottes und als geistig-seelischem Reifungsprozess. Besonders, aber nicht nur im christlichen Raum werde weiterhin der mit-leidende Gott und das stellvertretende Leiden betont. Eine längere Auseinandersetzung nehmen die Autoren mit dem Zusammenhang zwischen Leiden und menschlicher Freiheit vor. Ist es möglich, das Leiden als Preis der menschlichen Freiheit zu verstehen? Und wo gelangt eine solche Deutung an ihre Grenzen?
Die Autoren betonen die genuin theologische Relevanz der Theodizeeproblematik und unterstreichen die Verbindung mit der Frage nach Gottes Wirken in der Welt. Denn letztlich gehe es um „eine rationale Rechtfertigung des Glaubens an einen gütigen, allmächtigen und gerechten Schöpfergott angesichts des unvermeidlichen und sinnlosen Leids.“
Ausblickshaft werden spezifisch religiöse Formen der Leidbewältigung diskutiert und die Solidarität mit den Leidenden als gemeinsamer Imperativ von Christentum und Islam herausgestellt.