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Armut aus der Sicht des Sufismus

„Der Sufismus, die so genannte ‚islamische Mystik‘, hat eine große Wirkung auf das soziale Verhalten von muslimischen Gläubigen ausgeübt. Zugleich hat er vielfach ein vorbildliches religiöses Verhalten für fromme Gläubige in der Gesellschaft geprägt. Armut ist eine wichtige Kategorie in der Tugendlehre des Sufismus. Sie wird selbst gewählt, um Gott näherzukommen, und ist daher kein Ziel an sich, sondern der Weg zur Gottesnähe. […] Da die Armut eine asketische Haltung ist, positioniert sie sich nicht explizit gegen Reichtum. In diesem Sinne kommt der Armut eine weitere Bedeutung zu. Sie ist ein Aspekt der menschlichen Existenz. Gegenüber Gott ist der Mensch arm. Denn Gott ist reich im Sinne von ‚absolut‘ und ‚vollkommen‘. Durch Gottes Nähe überwindet der Mensch seine existentielle Armut und seine Mängel.“

Armut, so Hajatpour in seinem Aufsatz, könne im Islam und im Besonderen in sufischen Strömungen als metaphysische Armut des Menschen im Verhältnis zu Gott oder als eine ethisch-asketische Kategorie verstanden werden. Eine gewisse Nähe dieser beiden Dimensionen werde bereits dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die Sufis für beide Dimensionen den Begriff faqr verwenden. Die metaphysische Armut bedinge eine Sehnscht nach dem Vollkommenen und öffne den Menschen hin auf Gott. Asketisch tugendhaftes Leben führe zu einem Voranschreiten auf dem mystischen Pfad und sei ein Weg zur Bewältigung dieser existenziellen Armut. Hajatpour zeigt verschiedene Vorbilder wahrer Armut auf und präzisiert das Verständnis des Askesebegriffs. Zusammenfassend zeigt der Beitrag auf, inwiefern die metaphysische, anthropologische und soziale Dimension der Armut ineinandergreifen.

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